1. Home
  2. /
  3. Blog
  4. /
  5. Mystik und Esoterik

Mystik und Esoterik

Seit Jahrtausenden versuchen Menschen, den Verlauf des Geschicks zu beeinflussen.

Anfangs waren die Nomaden, die dem Zug der Herdentiere folgten, den Naturgewalten hilflos ausgeliefert.

Näpfchenstein (~ 1800 v.u.Z., Marienborn) diente der rituelle Auskratzung von Pulver, ggf. im Rahmen von Fruchtbarkeitszauber oder dem Aktivieren von unsichtbaren Kräften. Bild aus „Magie“ Ausstellungs-Katalog des Landesmuseums für Frühgeschichte in Halle 2024

Allmählich aber erkannten sie bescheidene Handlungs-Möglichkeiten, nutzten das Feuer, entwickelten Distanzwaffen, kochten, erahnten den Rhythmus von Wetterereignissen und konnten Krankheitsverläufe günstig beeinflussen.

Erste Heilverfahren.

Vor über 2.500 Jahren erfanden Gesundheitsphilosophen eine erste Theorie von Gesundheit und Krankheit. (‚Fünf Elemente‘)

Aus diesem Weltbild entwickelten sich komplizierte Mischsysteme wie Unani, Ayurveda, chinesische Medizin und Alchemie. Dei Wissensmodelle wurden in die frühen religiösen Vorstellungen in Ägypten und Persien importiert und schließlich u. a. mit dem Christentum, dem Buddhismus, dem Islam und dem Daoismus vermengt. Im 19. Jh. wucherten die Erklärungsmodelle der Medizin in undurchschaubaren Formen, vermischt mit Hygiene- und Keimtheorie, Psychoanalyse, Homöopathie, Anthroposophie und (auf Einzelfaktoren bezogene – reduktionistische) Medizinwissenschaft u. v, a.

Xiushen Tu. Gezeichnet im 19. Jh. als Kopie eines Bildes aus dem 10. Jh. n.u.Z. Das Xiushen Tu ist eine lehrschrift, die die Funktionen des menschlichen Körpers aus der Sicht der daoistischen Alchemie und Kosmologie darstellt. Die verwendeten Begriffe sind so vielgestaltig und mehrdeutig, dass nur besonderes daoisitische Exper:innen sie in allen Nuancen lesen und verstehen können. Folglich werden sie von den vielen, die sich für Schriftkundig halten, jeweils anders interpretiert. Geglaubt wird das was der jeweilige meister, den man zutiefts vertraut, als wahr erkannt hat. je nach Sekt oder Lehrmeinung kann sich die Weisheit in sehr unterschiedlichen Formen zeigen. Deshalb sind nur „wirkliche Großmeister“, die eine höchste Hierarchiestufe erreicht, und eine große Anhängerschaft um sich versammelt haben, über jeden Zweifel erhaben. Foto: Jäger 2020

Vielen der über Generationen entstandenen, unterschiedlichen, ‚verschulten‘ Heil-Systeme liegen ähnliche Prinzipien zugrunde:

  1. Schlichtes Modell der Realität.
    Die Grundannahmen der Lehre müssen so einfach sein, dass Patient:innen sie nachvollziehen können, um daran zu glauben.
  2. Handlungen, die im Modell sinnvoll erscheinen, verändern die Realität. Das Meer bleibt unberechenbar, chaotisch und ungewiss, aber durch kleine geschickte Handhabung von Kompass und Steuerruder kann das Schiff auf Kurs gehalten werden. Das beruhigt ungemein.
  3. An der Spitze steht ein Meister.
    Die Expert:innen für das, was einfachen Menschen unfassbar erscheint, wurden über viele Jahrzehnte geschult. Sie wissen aus Erfahrung, was sie tun. Daher können sie innerhalb ihres Glaubensmodells eine eindeutige Diagnose stellen. Damit klärt sich ein diffus wabernder Problemnebel auf, und es zeigt sich eine Ursache des Leidens, die im jeweiligen Erklärungs-System einen Sinn ergibt.
  4. Zielgenau handeln.
    Wurde das Problem erst einmal mit einem Namen versehen, glauben die Expert:innen zu wissen, wie es gestaltet ist. Durch eine scheinbar ‚punktgenaue‘ Therapie kann es beherrscht werden: durch eine magische Pille, einen haut-verletzende Eingriff, ein heilsames Ritual.

In religionsähnlichen Heilsystemen wird das Abbild einer Realität behandelt. In der Hoffnung, dass sich damit auch die Wirklichkeit beeinflussen lasse.

Heil-Modelle dieser Art reduzieren die hochkomplex-undurchschaubare, quantenphysikalisch-wirre Dynamik des tatsächlichen Geschehens auf einen nur „komplizierten“ (also manipulierbaren) Zusammenhang.

Allerdings ist auch die „Kompliziertheit“ der meisten Heilsysteme so ausgeprägt, dass sie nur von spezialisiert-qualifizierten Expert:innen durchschaut werden.

Anamnese, Rituale, Berührungen, Symbole, Gespräche, Lehren u. v. a. veranschaulichen den Patient:innen Zusammenhänge, die so nie gesehen hätten. Allein solche „Aha“-Effekte beeinflussen die Heilung. Denn sie setzen einen neuen Bezugsrahmen, in dem ein Problem vollkommen neu akzeptiert und betrachtet werden kann. Im Coaching wird dieses Phänomen ‚Umdeutung‘ („Reframing“) genannt.

Erstaunlicherweise wirkt allein eine Diagnostik therapeutisch, weil ein bisher fremdartiges Problem einen Namen erhält und damit vertrauter erscheint, weil ja jetzt etwas getan werden kann.

Vollständiger Artikel

Inhalt

  • Magie: Das Schicksal bezwingen
  • Esoterik: Von Meistern geleitet
  • Beispiele:
    • Chinesische Medizin
    • Psychoanalyse und Psychotherapie
    • Anthroposophische Medizin
    • Ungesunder Glaube.
  • Schul-, Alternativ- oder ‚gute Medizin‘?

Letzte Aktualisierung: 14.10.2024